Energierechtliche Fragestellungen
Areal als Kundenanlage
Das Winterling-Areal in Schwarzenbach a.d. Saale wird vom gemeinsamen Kommunalunternehmen Winterling Immobilien (gKU) als Anstalt des öffentlichen Rechts und zwar durch die Kommunen Arzberg, Kirchenlamitz, Röslau und Schwarzenbach a.d. Saale betrieben. Es hat die Aufgabe, die Immobilien des ehemaligen Winterling-Konzerns zu unterhalten, zu sanieren und zu verwerten. Es geht insbesondere um die langfristige Vermietung bzw. Verpachtung der Immobilien, soweit keine andere Nutzung wirtschaftlicher erscheint. Zur Förderung seiner Aufgaben kann sich das gKU Winterling Immobilien auch an anderen Unternehmen beteiligen (§ 2 der Satzung). Dies bedeutet, gKU Winterling Immobilien ist satzungemäß Betreiberin der Immobilie in Schwarzenbach a.d. Saale, die im Wesentlichen aus dem alten Fabrikgebäude der Winterling-Porzellanfabrik besteht. Das Gebäude ist mit einem Niederspannungsnetz ausgestattet und an das Mittelspannungsnetz der Stadtwerke Schwarzenbach angeschlossen. Auf dem Betriebsgelände befinden sich zur Zeit zwei BHKW, die mit Biogas betrieben werden. Geplant sind elektrische und thermische Speicher. Das Areal muss mit Strom auf der einen und Wärme sowie Kälte auf der anderen Seite beliefert werden.
Moderne, zukunftsweisende Energieerzeugungs- und Versorgungskonzepte können immer nur dann erfolgreich entwickelt werden, wenn sie in den zur Verfügung stehenden Rechtsrahmen hineinpassen. Dieser Rahmen stammt zum Teil aus einer Zeit, in der die gesamte Energieversorgung in Deutschland kartelliert war (bis 1998). Er wurde danach weiterentwickelt, insbesondere durch Integration erneuerbarer Energien. Bis heute aber gibt es für Quartiere, wie etwa das Winterling-Areal, keinen eigenständigen Rechtsrahmen.
Allerdings könnte es sich beim Winterling-Areal um eine Kundenanlage (§ 3 Nr. 24 a EnWG) handeln. In diesem Falle wäre das Niederspannungsnetz innerhalb des Areals vom Netz der allgemeinen Versorgung getrennt. Die Mieter*innen würden über dieses Niederspannungsnetz, installiert und weiter entwickelt von gKU Winterling Immobilien, versorgt werden. Die Konsequenz wäre, dass das gKU Winterling Immobilien von den Mieter*innen keine eigenständigen Netzentgelte erheben dürfte. Die Nutzung des Niederspannungsnetzes wäre als Teil des Mietvertrages und damit zugleich als Teil des Mietzinses einzuordnen. Infolgedessen müsste das gKU Winterling Immobilien allen Mieter*innen den Zugang zu einem Strom-, Wärme- und Kälte-Lieferanten nach freier Wahl eröffnen.
Daneben steht die Frage, ob das gKU Winterling Immobilien selbst Strom, Wärme und Kälte erzeugen darf und als Lieferant für die Mieter*innen auftreten kann. Darüber hinaus ist zu klären, ob und inwieweit das gKU Winterling Immobilien eigene Speicher vorhalten, betreiben und zur Nutzung an die Mieter*innen weitergeben darf. In diesem Zusammenhang steht auch die Frage, ob sich das gKU Winterling Immobilien an einer Speichercloud beteiligen darf. Bei all diesen Fragen spielt es eine Rolle, mit welchem Messkonzept gearbeitet wird. Ist das gKU Winterling Immobilien selbst Messstellenbetreiber oder wird ein drittes Unternehmen als Messstellenbeauftragter tätig?
Wenn und soweit es um die Energieerzeugung geht, müsste geklärt werden, wer Lieferant im rechtlichen Sinne ist. Ein Lieferant hat die Aufgabe, Netznutzungsverträge auf der einen Seite zu schließen und dafür zu sorgen, dass es einen Bilanzkreisverantwortlichen gibt, der für die zeitgleiche Ein- und Ausspeisung, jedenfalls bei Strom, sorgt.
Es stellt sich die Frage, wer im Winterling-Areal Letztverbraucher ist und ob diese Letztverbraucher mit Abgaben und Umgaben belastet werden, die für andere Letztverbraucher erhoben werden. Dazu gehören z. B. Konzessionsabgaben oder auch die EEG-Umlage.
Das Institut für Energie- und Wettbewerbsrecht in der kommunalen Wirtschaft e. V. (EWeRK) an der Humboldt-Universität zu Berlin wird versuchen, zu diesen Fragen angemessene und zukunftsweisende Antworten zu entwickeln.
Stromvermarktung nach EEG-Ende
In naher Zukunft werden viele Photovoltaik- und Windkraftanlagen aus der EEG-Vergütung rausfallen, können jedoch aus technischer Sicht sehr oft weiterbetrieben werden. Nicht immer ist ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept für den Folgebetrieb der Anlagen gegeben. Daher müssen in den kommenden Jahren weitere Varianten erarbeitet werden. Eine Möglichkeit stellen Stromabnahmeverträge (Power Purchase Agreement = PPA) dar. Diese sind beispielsweise in Skandinavien, Südeuropa und in den USA ein bereits verbreitetes Instrument, um erneuerbaren Strom aus großen Anlagen, sei es aus Wind oder Sonne, direkt zu vermarkten. In Deutschland ist das Stromvermarktungsvolumen über solche Verträge bisher noch begrenzt, wird sich jedoch durch das Ausscheiden vieler Anlagen aus dem EEG vergrößern. Bei einem PPA liefert ein Betreiber oder Zwischenhändler Strom aus einer erneuerbaren Energien (EE) Anlage an einen Kunden, die Lieferbedingungen werden im PPA-Vertrag vereinbart. Über die durch die EE-Anlage lieferbare Menge hinaus benötigte Energie wird dem Kunden aus anderen Quellen zur Verfügung gestellt (meist zugekauft).
Neben der Preisgestaltung, dem Inhalt und dem Umfang der Lieferung sind aus juristischer Sicht insbesondere Haftungsregelungen im Fall der Versorgungsunterbrechung festzulegen. Darüber hinaus sind beim Umweltbundesamt Herkunftsnachweise zu beantragen. Mit Herkunftsnachweisen kann unter Umständen auch getrennt von Strom gehandelt werden – dadurch allerdings wird aus Grünstrom Graustrom. Zu beachten ist in jedem Falle das Doppelvermarktungsverbot, das dafür sorgt, dass Grünstrom nur einmal als erneuerbare Energie vermarktet werden darf. Zu klären ist in diesem Zusammenhang außerdem, ob der Grünstrom und wenn ja, in welchem Umfang mit Umlagen, Abgaben und Stromsteuern zu belasten ist. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn der Strom zwischengespeichert werden soll.
Im Projekt werden zwei EE-Anlagen auf Vermarktungsmöglichkeiten hin untersucht: zum einen die große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Fa. STELLA KERAMIK und zum anderen Windkraftanlagen des nahe gelegenen Windparks Haidberg-Oberkotzau. Im Windpark befinden sich vier Windkraftanlagen, die von der Fa. Eurowind Energy betrieben werden. Die erste der dort aufgestellten Anlagen fällt 2025 aus der EEG-Vergütung und könnte mit einer Nennleistung von 1,8 MW relativ viel Grünstrom für das Winterling-Areal und weitere interessierte Abnehmer der Stadt Schwarzenbach a.d. Saale liefern.